Strizzis, Lackl’n, Goaßlschnalzer

Multimediale Sonderausstellung zu Bayernbildern und volkstümlicher Unterhaltung vom 18. April bis 6. September 2015

 

Das Bild der Bayern kommt gerne recht klischeehaft daher, besonders in Oberbayern. Entstanden ist es gerade einmal vor etwas mehr als 100 Jahren. Im Niederbayerischen Landwirtschaftsmuseum in Regen im Bayerischen Wald wird dieser Geschichte nachgegangen. Die Sonderausstellung „Strizzis, Lackl’n, Goaßlschnalzer“ von Kurator Andreas Koll fördert dazu bis 6. September an Hand von seltenen Objekten, unterhaltsamen Inszenierungen und interessanten Video- und Hörstationen viel Wissenswertes und Kurioses an den Tag.

Einfältig, trunksüchtig und rauflustig – so müssen die Dorfbewohner auf dem Land sein! Das zumindest dachte sich die städtische Bevölkerung, die es im ausgehenden 19. Jahrhundert aufs Land zog. Schnell war die Rede von den „g’scheerten Lackl’n“ und von den „Strizzis“. Auf Karikaturen zogen sie unter dem Motto „Schön san mer net, aber gesund“ durchs Dorf. Woher diese Bilder stammen, was von Fremden kommt und was die Betroffenen selbst dazu beigetragen haben, damit beschäftigt sich diese Sonderausstellung im Regener Landwirtschaftsmuseum.

Wir kennen sie alle, die Bilder von den hohen Bergen, den tiefblauen Seen, von feschen Madln in noch fescheren Dirndn und von schneidigen Buam in Lederhosn, die den ganzen Tag fingerhakln, schuhplattln und fensterln. So stellt man sich Bayern vor, im hohen Norden und im Rest der Welt. Diese Pseudo-Bayernbilder freilich entstanden erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Mal mehr, mal weniger bewusst verbreitet, bisweilen sogar neu erfunden, prägten sich die Vorstellungen vom typischen Bayern in die Köpfe von Außenstehenden, aber auch der Einheimischen selbst ein. Mehr und mehr gingen die Bayern dazu über, ihre eigenen Inszenierungen ernst zu nehmen und sich selbst für das Volk der Fingerhakler und Maßkrugschwenker zu halten.

Eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung des Klischees spielte der Tourismus. Auf der Suche nach Ursprünglichkeit entdeckten die Bewohner der industrialisierten Städte Bayern als Reiseland. Stilecht gewandet in modische Trachten, die sie zu Hause im Kaufhaus erworben hatten, entdeckten sie den „Wilden im eigenen Land“ – und die spielten brav mit. Bei Folklore-Darbietungen und im Bauerntheater wurde den Sommerfrischlern und Winterurlaubern das vorgespielt, was sie gerne sehen wollten. Man ging damit sogar auf weltweite Tourneen, um die scheinbar typisch bayerische Lebenswart vorzuführen und unters Volk zu bringen. Ein Verkaufsschlager war geboren.

In München entwickelt sich Ende des 19. Jahrhunderts daraus eine vielfältige Kulturindustrie. In großen Theatern werden Volkssänger und Volksschauspieler zu echten Stars. Namen wie Weiß Ferdl, Karl Valentin oder Roider Jackl haben heute noch einen vielbeachteten Klang. Nach dem Zweiten Weltkrieg trugen dann vor allem Heimatfilm und Komödienstadl zur Zementierung der bereits weit verbreiteten Bayernbilder bei. Die sehenswerte Ausstellung „Strizzis, Lackl’n, Goaßlschnalzer“ im Niederbayerischen Landwirtschaftsmuseum Regen gewährt interessante Einblicke hinter die Kulissen dieser Entwicklungen.

Apropos Kulissen: Ausstellungsdesignerin Katharina Kuhlmann versteht es mit ihrer witzig-spritzigen Ausstellungsarchitektur perfekt die Gedanken des Kulissenhaften aufzugreifen und mit einem Augenzwinkern umzusetzen. Zahlreiche Hör- und Filmstationen mit Liedern aus der Volkssängerzeit und etwa dem ersten Schuhplattlerfilm der Welt aus dem Jahr 1896 bereichern die Schau und lassen die Themenvielfalt lebendig werden. Kuriose Geschichten und Zitate sorgen obendrein nicht selten für ein Schmunzeln bei den Besuchern.

Die Sonderausstellung „Strizzis, Lackl’n, Goaßlschnalzer“ und natürlich auch die etwa 1500qm umfassende Dauerausstellung im Niederbayerischen Landwirtschaftsmuseum Regen (Schulgasse 2) sind täglich, Montag-Freitag von 8-17 Uhr und samstags, sonntags sowie feiertags von 10-17 Uhr geöffnet.